Plädoyer für die Langsamkeit

Gemuetlich

Damit es uns nicht den Schweiß auf die Stirn treibt,
wenn wir die Straße überqueren

Vorweg, es ist schon klar, dass man nicht in allen Lebenslagen langsam sein kann. Es geht auch nicht darum auf Autobahnen mit 50 km/h dahin zu kriechen oder sein Gegenüber mit betont langsamem Sprechen zu nerven. Vielmehr geht es um die Notwendigkeit und das Schaffen eines neuen Bewusstseins für die Zeit. Es geht um die eigene Zeit und die Zeit der Anderen. Es geht um ein Überdenken des Zeitgeists, des immer schneller und besser sein.Fussgaengerampel mit Countdown

Wo sind wir blos gelandet, wenn es uns, um eine Ampel zu Fuß noch bei Grün zu überqueren, den Schweiß auf die Stirn treibt? Wo führt uns der Weg hin wenn Muße nur mehr ein Wort des Altertums ist und keine Aktualität und keinen Wert mehr hat? Wir leben in einer immer schnelleren Welt, wo die Langsamen keinen Platz mehr finden, wo alte Menschen „aufbewahrt“ werden, wo Kinder vor dem Fernseher oder Computer „abgelegt“ werden. „Zeit ist Geld“, ein Spruch aus dem Jahr 1748 von Benjamin Franklin, der wahrscheinlich heute schon längst von einem schnellen Auto überfahren worden wäre oder vielleicht an Burn Out leiden würde. Er hätte sich nie gedacht, dass sein Spruch uns das Leben zur Hölle machen kann.

Sind wir für die erschaffene schnelle Welt erschaffen?

Belohnt werden die Schnellen, die Drängler, die Ungeduldigen und Vorlauten. Sie machen Karriere und haben Geld. Doch sind wir für die schnelle Welt die wir erschaffen überhaupt geschaffen? Ist es richtig, dass wir nun nicht mehr nur fortschreiten sondern schon mehr fortlaufen? Wir feiern jeden Rekord und belohnen die Schnellsten. Doch sollten nicht auch die Menschen belohnt werden die Sehen und Spüren, die Nachdenklichen und Zögerlichen. Ihnen gebührt mehr Aufmerksamkeit, denn sie können sehen und fühlen woran andere vorübereilen. Sie haben die Ruhe und die Zeit Dinge zu begreifen, zu spüren, zu hören und zu betrachten von der manch beschleunigter Zeitgeist keine Ahnung mehr hat. Von ihnen können wir lernen, die Langsamkeit und die Bereitschaft für Genuss. Genuss für mehr Freude, Genuss für mehr Leben. Denn dieses ist das einzige Leben welches wir haben – vielleicht nur dieses. Gemuetlich

Also nehmen wir uns von Zeit zu Zeit einfach Zeit für die Langsamkeit, für Momente der Zeitlupe, für Augenblicke der Aufmerksamkeit, für Erlebnisse des Genusses. In diesem Sinne sollte man sich öfter einen genussvollen Tag mit Muße und ein wenig mehr bewusster Langsamkeit gönnen. Wann ist Ihr nächster Genusstag?

© Peter Gstettner, 2013