Weihnachtsbaum in Gefangenschaft
Seit ein paar Tagen denke ich daran eine Weihnachtsgeschichte zu schreiben. Doch es will und will nichts kommen. Also begann ich im Internet zu recherchieren. Wichtel die auf Lichtstrahlen dahin flitzen, 1000 Geschichten über Menschen in Weihnachtshektik, Weihnachtsmänner die auf ihrem Schlitten die Weihnachtswelt retten. Lustige Geschichten, traurige Geschichten, Geschichten mit Sinn und Geschichten mit Unsinn. Doch irgendwie war mir keine Recht.
Doch heute Früh bin ich aufgewacht und da war sie: meine kleine Weihnachtgeschichte. Sie ist eigentlich eine Weihnachtsgeschichte von meinem Vater, der diesen heiligen Abend leider nicht mehr mit uns Weihnachten feiert. Doch unser Leben ist Veränderung …
Es ist ein Winter kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Mein Vater war in Gefangenschaft und Weihnachten rückte näher. Kälte und das rare Essen machte den Männern im Lager das Leben schwer. Doch Weihnachten stand vor der Türe und zu Weihnachten braucht man einen Weihnachtsbaum und Geschenke. Doch was sollte man schenken in einem kalten, kahlen Gefangenenlager im Winter? Die Menschen die man liebt weit weg und oft nicht einmal eine Ahnung, ob sie noch leben. Auf engstem Raum, mit einer dünnen kratzigen Decke, mit einer Toilette für 100 Mann oder mehr, da werden Träume sehr einfach. Das karge Essen bestand hauptsächlich aus russischen Dosen mit Fleischaufstrichen und Brot.
Doch Menschen in Not können eine Gabe entwickeln: aus dem Wenigen das ist, etwas Besonderes machen. So wurden bereits ein paar Wochen vor Weihnachten, die bereits wenigen Essensrationen nur teilweise gegessen und die Übrigen zur Seite gelegt. Aus den Dosen wurde ein Stamm gedreht und unter Lebensgefahr robbte mein Vater und ein paar Mitgefangene jede Nacht zum gerollten Stacheldraht-Zaun des Lagers. Dort drehten sie mit einfachem Werkzeug das zur Verfügung stand, wie zum Beispiel Löffel, in mühsamer Kleinarbeit die Stachel vom Draht. So kamen mit der Zeit viele dieser Stachel zusammen. Gemeinsam mit Teilen der Dosen wurden sie zu einem kleinen eisernen Weihnachtsbaum zusammengefügt.
Am Weihnachtsabend wurden dann die aufgehobenen Essensrationen aufgeteilt und der kleine eiserne Weihnachtsbaum aufgestellt. Keine tolle Feier so wie wir sie kennen. Doch den Männern war in dem Moment warm ums Herz. Mit ein paar leisen Weihnachtsliedern und ein paar Kerzen konnten mein Vater und ein paar Mitgefangene ein wenig Wärme und Hoffnung im Herzen finden und Weihnachten trotz aller Umstände feiern.
Oft braucht es nur wenig, um die Wärme in unseren Herzen zu haben.
Oft sind es nur Kleinigkeiten, die unser Herz erfreuen können.
Oft sind es nur die Augen in die wir schauen, die uns das Glück spüren lassen.
Oft ist es nur das Lächeln eines Menschen, das uns ganz im Jetzt sein lässt.
Frohe erholsame und achtsame Festtage voller Liebe
Wünscht Dir
Peter